Abrechenbarkeit einer Kernspinuntersuchung an zwei unterschiedlichen Tagen

von RA und FA für Arbeits- und Medizinrecht Dr. Tilman Clausen, Hannover, www.armedis.de 

Unter welchen Voraussetzungen ist ein Radiologe berechtigt, eine Kernspinuntersuchung der HWS und der BWS an zwei unterschiedlichen Tagen durchzuführen und jeweils separat abzurechnen? Mit dieser Frage hat sich das Amtsgericht (AG) Hannover in einem Urteil vom 17. Juni 2014 (Az. 526 C 6048/13) befasst.

Der Fall 

Ein Facharzt für diagnostische Radiologie, der eine Privatpraxis betreibt, hatte am 16. April 2012 eine sogenannte Upright-Kernspintomographie der HWS und am 20. April 2012 eine solche der BWS durchgeführt. Für die Untersuchungen an beiden Tagen rechnete der Radiologe jeweils die GOÄ-Nrn. 1, 5, 75, 5705, 5731, 5732 und 5733 mit jeweils 901,55 Euro ab, wobei er für die GOÄ-Nr. 5705 und 5731 den 2,5-fachen Steigerungssatz wählte. Der Patient zahlte nach Rücksprache mit seiner privaten Krankenversicherung die Rechnung vom 16. April 2012 voll und die vom 20. April 2012 nur in Höhe von 21,44 Euro für die GOÄ-Nrn. 1 und 5. Nachdem die Parteien sich außergerichtlich nicht einigen konnten, erhob der Radiologe Klage und machte die verbleibende Restforderung in Höhe von 880,06 Euro gerichtlich geltend.

Urteil und Urteilsgründe 

Das AG Hannover hat der Klage nach Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten und nach mündlicher Anhörung des Sachverständigen in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung für seine Entscheidung verwies das AG im Wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen.

Laut dem Sachverständigen lagen bei dem Patienten Beschwerden vor, bei denen üblicherweise zur weiteren Abklärung eine Kernspintomographie veranlasst wird. Da der Patient sowohl in der HWS als auch in der BWS unter Schmerzen litt, sei es nachvollziehbar, dass ihm per se nur eine begrenzte Untersuchungszeit zuzumuten war. Bei einer längeren Untersuchungszeit würden die Schmerzen häufig in eine Anspannung und Unruhe münden, was wiederum eine Verschlechterung der Bildqualität zur Folge hätte. Die Kernspintomographie sei anfällig für Artefakte, die schon durch kleinste Bewegungen des Patienten entstünden. Diese Bewegungen führen dann zu einer reduzierten Bildqualität und einer verschlechterten Aussagekraft der Untersuchung.

Hinzu kam in dem konkreten Fall, dass der Patient zusätzlich an einem linksseitigen Kopfschmerz und einem Tinnitus gelitten hat. Da eine Kernspintomographie unter erheblicher Geräuschentwicklung erfolgt, könne dies bei Patienten mit Kopfschmerzen oder Tinnitus zu einer Verstärkung ihrer Symptome führen. Bei diesem Gesamtbild war die Aufteilung der Untersuchung auf zwei Untersuchungstage mit den sich daraus ergebenden weitergehenden Abrechnungsmöglichkeiten für den Radiologen medizinisch begründet, um eine Belastung des Patienten zu reduzieren.

Fazit

Das Urteil behandelte zwar den Spezialfall einer Privatpraxis für Upright-Kernspintomographie, gleichwohl ist es auch für Radiologen mit üblichem Leistungsspektrum von Interesse. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall die Kernspinuntersuchung eines Patienten auf mehrere Tage aufgeteilt werden kann, sind nach Auffassung des AG Hannover der Umfang der Beschwerden bei dem Patienten und die dadurch bedingte Dauer der Untersuchung sowie gegebenenfalls im konkreten Fall vorhandene zusätzliche Symptome, die die Belastung durch die Kernspinuntersuchung für den Patienten erhöhen. Dies sollte der Radiologe jeweils in der Patientenakte dokumentieren. Sollte es bei der Durchsetzung der abgerechneten Gebührenordnungspositionen Schwierigkeiten geben, hilft im diese bei der Durchsetzung seiner Ansprüche.